IT-Vergaberecht horak Rechtsanwälte, HannoverDas Vergaberecht für öffentliche Aufträge ist zweigeteilt. Überschreitet das Auftragsvolumen ohne Umsatzsteuer die so genannten EU-Schwellenwerte, gelten die europäischen Wettbewerbsregeln, die in Deutschland im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) niedergelegt sind. Unterhab der EU-Schwellenwerte regeln die Bundesländer die Vergabe öffentlicher Aufträge in ihrem jeweiligen Haushaltsrecht. Die Schwellenwerte betragen: - 5.000.000 Euro bei Bauaufträgen
- 200.000 Euro bei allgemeinen Lieferungs- und Dienstleistungsaufträgen
- 130.000 Euro bei Lieferungs- und Dienstleistungsaufträgen der obersten und oberen Bundesbehörden.
Europäisches Wettbewerbsrecht / GWBAufträge oberhalb der EU-Schwellenwerte müssen im Wege der öffentlichen Ausschreibung, bei der bestimmte formale Anforderungen und Fristen gelten, europaweit ausgeschrieben werden. Leitende Prinzipien sollen dabei nach § 97 Absatz 1 GWB Wettbewerb und Transparenz sein. Es gilt grundsätzlich ein striktes Gleichbehandlungsgebot für alle am Vergabeverfahren Interessierten. Nach § 97 Absatz 3 GWB sind mittelständische Interessen vornehmlich zu berücksichtigen. Aufträge müssen daher in Fach- und Teillose geteilt werden. Die bietenden Unternehmen müssen fachkundig, leistungsfähig und zuverlässig sein (§ 97 Absatz 4 GWB). Weitere Anforderungen an die Auftragsausführung wie umweltfreundliche Produktionsverfahren, Frauenförderung etc. können von öffentlichen Auftraggebern gestellt werden, wenn sie in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und bereits in der Leistungsbeschreibung verlangt wurden. Darüber hinaus gehende Anforderungen können nur in den durch Gesetz vorgeschriebenen Fällen vorausgesetzt werden. Den Zuschlag erhält, wer das wirtschaftlichste Angebot abgibt. Das Vergabeverfahren ist im Einzelnen in den Vergabeordnungen VOL/A, VOB/A sowie der VOF geregelt. Oberhalb der Schwellenwerte sind diese Verfahrensvorschriften uneingeschränkt anzuwenden. Zudem können landesrechtliche Vergabe- und Tariftreuegesetze zu beachten sein. Landesrechtliche RegelungenBei Auftragsvolumen unterhalb der Schwellenwerte regeln landesrechtliche Vorschriften das Vergabeverfahren. Je nach Höhe des Auftragsvolumens stehen der öffentlichen Hand drei verschiedene Verfahren zur Verfügung: Öffentliche AusschreibungBei der öffentlichen Ausschreibung muss das einzelne Beschaffungsvorhaben öffentlich bekannt gemacht werden. Es sollen möglichst viele Angebote abgegeben werden, so dass im uneingeschränkten Wettbewerb das wirtschaftlichste Angebot ermittelt wird. Das Verfahren der öffentlichen Ausschreibung stellt das Regelverfahren dar. Beschränkte AusschreibungBei einer beschränkten Ausschreibung fordert der öffentliche Auftraggeber nur eine begrenzte Anzahl von Unternehmen direkt auf, ein Angebot abzugeben. Freihändige VergabeIm Rahmen der freihändigen Vergabe beteiligt der öffentliche Auftraggeber nur ganz wenige Unternehmen. Im Gegensatz zur beschränkten Ausschreibung besteht zudem eine größere Formfreiheit beim Einholen der Angebote. PräqualifikationNachweise und Erklärungen, die nach der VOL/A oder der VOB/A beizubringen sind, können auch im Wege eines Präqualifikationsverfahrens erbracht werden. Die Präqualifikation ermöglicht es im Rahmen einer vorgelagerten und auftragsunabhängigen Prüfung eine Zertifizierung zu erwerben, die den Bieter grundsätzlich davon entbindet, für jedes Gebot die erforderlichen Nachweise einzeln zu erbringen. Vielmehr genügt, es den Zertifizierungscode anzugeben bzw. eine Kopie des Zertifikats einzureichen. Rechtsschutz für UnternehmenOberhalb der EU-SchwellenwerteEin unmittelbarer Rechtschutz für Unternehmen besteht nur, wenn es sich um Ausschreibungen oberhalb der EU-Schwellenwerte handelt. In diesen Fällen kann der unterlegene Bieter einen Antrag auf Nachprüfung des Verfahrens bei den so genannten Vergabekammern gestellt werden. Die Vergabekammer stellt dem öffentlichen Auftraggeber den Antrag des Unternehmens zu. Die Zustellung bewirkt, dass der Auftraggeber den Zuschlag nicht erteilen darf, bis die Vergabekammer über den Antrag entschieden hat und die anschließende Beschwerdefrist von zwei Wochen abgelaufen ist. Einen bereits erteilten Zuschlag kann die Vergabekammer grundsätzlich nicht aufheben. Der Auftrag ist dann rechtsverbindlich vergeben. Dem unterlegenen Bieter bleibt dann lediglich, auf Ersatz des ihm durch die Verletzung von Vergabevorschriften entstanden Schaden zu klagen. Die Gebühr für das Verfahren bei der Vergabekammer beträgt mindestens 2.500 Euro, je nach der wirtschaftlichen Bedeutung der Angelegenheit und dem damit verbundenen Aufwand. Gegen die Entscheidung der Vergabekammer kann innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung der Entscheidung sofortige Beschwerde beim Oberlandesgericht erhoben werden. Der Vergabesenat beim Oberlandesgericht ist die einzige gerichtliche Instanz, die über Ansprüche nach § 97 Absatz 7 GWB entscheidet. Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer, sodass der öffentliche Auftraggeber weiterhin an der Erteilung des Zuschlags gehindert ist. Unterhalb der EU-SchwellenwerteUnterhalb der EU-Schwellenwerte gibt es kein speziell geregeltes Nachprüfungsverfahren. Der Rechtsschutz richtet sich nach den allgemeinen zivilrechtlichen Regeln. Zuständig ist in aller Regel das Landgericht. Vor Zuschlagserteilung kann dort versucht werden, dem Auftraggeber im Wege einer einstweiligen Verfügung zu verbieten, den Zuschlag zu erteilen. Ein Anspruch darauf kann sich aus einer Verletzung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben. Ist der Zuschlag schon erteilt, so bleibt dem übergangenen Bieter nur die Klage auf Ersatz seines Schadens. Der Schadensersatz umfasst den Aufwand, der ihm durch die vergebliche Bemühung um den Auftrag entstanden ist. Der Schadensersatz kann auch den entgangenen Gewinn umfassen, wenn der Bieter nachweist, dass ihm bei ordnungsgemäßem Ablauf des Vergabeverfahrens der Zuschlag hätte erteilt werden müssen. Sonstige RegelungenUm zu verhindern, dass Unternehmen die Möglichkeit des Nachprüfungsverfahrens missbräuchlich in Anspruch nehmen, verpflichtet § 125 GWB die Unternehmen zum Ersatz desjenigen Schadens, der dem Auftraggeber oder einem anderen Beteiligten durch einen Missbrauch des Antrags- oder Beschwerderechts entstanden ist (sog. Mißbrauchsklausel). Hat der Auftraggeber gegen Vorschriften zum Schutz des Unternehmens verstoßen und hätte das Unternehmen anderenfalls bei der Wertung der Angebote eine echte Chance gehabt, den Zuschlag zu erhalten, kann das betroffene Unternehmen Schadensersatz für die Kosten der Vorbereitung des Angebots oder der Teilnahme am Vergabeverfahren verlangen. Bei entsprechenden Voraussetzungen kann auch der entgangene Gewinn als Schadensersatz geltend gemacht werden. Veröffentlichung von AusschreibungenEin vollständiges Verzeichnis über öffentliche Aufträge gibt es nicht. Hinweise auf Ausschreibungen finden sich allerdings regelmäßig auf der europäischen Plattform TED, den Amtsblättern der Gemeinden Hier findet man auch die maßgeblichen Vergabe- und Preisvorschriften sowie Informationen zu den Vergabekammern und weiterführende Links. |